Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz – KI – im Gesundheitswesen bietet große Chancen. Vielleicht sogar die Chance auf die beste medizinische Versorgung, die wir je hatten. Denn die algorithmischen Systeme können mit großem Mehrwert die Arbeit von Ärzten und Pflegepersonal ergänzen. Dabei erstreckt sich das Potenzial über folgende Aufgabenbereiche:
- Diagnosestellung
- Therapieauswahl
- Entwicklung von Medikamenten
- Editieren von Genen (Genome Editing)
Insbesondere bei der Diagnose können KI-gestützte Systeme eine große Rolle spielen. Vor allem, wenn es sich um eine seltene Erkrankung handelt, die ohne einen (ebenso seltenen) Spezialisten eventuell für lange Zeit und zum Leid des Patienten undefiniert bleibt. Im Durchschnitt muss ein Patient mit einer „rare disease“ zu 7,3 Ärzten gehen, bis er eine Diagnose erhält. Der Vorteil des Einsatzes von KI liegt hier auf der Hand: Computer können extrem schnell und präzise Daten verarbeiten und analysieren. In einem Test des Deutschen Krebsforschungszentrums beispielsweise erkannte KI häufiger verdächtige Hautveränderungen als echte Ärzte.
Datenspenden so wichtig wie Blutspenden
Damit wird aber auch klar: Algorithmische Systeme sind so gut und exakt wie Menge und Informationsgehalt der eingespeisten Daten. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, beispielsweise Risiken im Sinne einer individuellen Krankheitsprophylaxe frühzeitig zu erkennen. Das bedeutet, dass ein erleichterter Zugang zu den relevanten Patientendaten eine Grundvoraussetzung ist, zusammen mit der Bereitschaft der Menschen, diese Daten preiszugeben. Hierbei werden natürlich Fragen des Datenschutzes aufgeworfen. Die schnelle digitale Analyse möglichst umfangreicher Datenmengen ermöglicht es Ärzten, Diagnosen oder Therapien auszuwählen bzw. abzugleichen. Und somit auch nahezu alle infrage kommenden Möglichkeiten abzuwägen.
Schwach vs. stark
Nahezu alle heutigen Systeme von Künstlicher Intelligenz sind der sog. Schwachen KI zuzuordnen. Sie wird zur Lösung konkreter Probleme unter Zuhilfenahme speziell gefertigter Algorithmen eingesetzt. Starke KI (Superintelligenz) hingegen bezeichnet eine Variante, die universell einsetzbar und nicht auf bestimmte vordefinierte Einsatzbereiche begrenzt ist. Starke KI hat ähnlich intellektuelle Fähigkeiten wie ein Mensch – sie kann eigenständig, flexibel und vorausschauend agieren. Sie ist in einem gewissen Sinne tatsächlich „intelligent“ und in der Lage, selbständig Lösungen zu entwickeln – eine vielversprechende Perspektive für die Medizin. Doch eine breite Anwendung von Starker KI liegt nach Auffassung der meisten Wissenschaftler noch in weiter Ferne.
Wollen wir das denn?
Doch wie sieht es mit der Akzeptanz von KI-Systemen bei der Bevölkerung aus? Laut „Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz“ (https://diid.hhu.de/nachrichten/studie-zur-akzeptanz-von-kuenstlicher-intelligenz/) erhöht sich die positive Grundstimmung gegenüber Künstlicher Intelligenz gerade in den momentanen Krisenzeiten messbar. Der Einsatz von KI in der Anti-Corona-Forschung, beispielsweise zur Wirkstoffsuche oder auch für Verbreitungs-Vorhersagen, findet große Zustimmung. Rücken die potentiellen Anwendungsbereiche allerdings weg vom Gemeinwesen hin zum Individuum, fällt die Zustimmung zögerlicher aus. Dennoch stimmt jeder vierte Befragte für den Einsatz von KI, um die Überlebenschancen einzelner Patienten zu kalkulieren. Und jeder fünfte stimmt grundsätzlich zu, mit KI eine Empfehlung für die Prioritäten von Behandlungen zu erhalten. Fast zwei Drittel glauben daran, dass die Nutzung von KI für Routinearbeiten den Ärzten mehr Zeit für ihre Patienten gibt. Auch eine standardmäßige Diagnoseüberprüfung durch KI halten viele Menschen für sinnvoll.
Der Trend ist also klar ersichtlich: Wenn KI dabei hilft, Ressourcen einzusparen oder für übergreifende Themen zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt wird, ist die Akzeptanz groß. Ebenso groß ist die subjektive Befürchtung, durch Künstliche Intelligenz „fremdgesteuert“ und selbst „entmenschlicht“ zu werden. Doch: Dass ein Roboter mit Künstlicher Intelligenz den menschlichen Arzt ersetzt, ist noch immer Zukunftsmusik.
Die Gegenwart in Nordrhein-Westfalen
Anfang 2020 wurde gemeinsam von der Universitätsmedizin Essen und der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen das Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM, www.ikim.uk-essen.de) gegründet. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Künstliche Intelligenz interdisziplinär in der Medizin zu etablieren und ihre Möglichkeiten für die Menschen nutzbar zu machen. Laut Presseportal ist in Deutschland der universitätsmedizinische Standort Essen bereits heute anerkannter Vorreiter im Bereich der Digitalisierung in der Medizin und hat sich in der Krankenversorgung als eines der ersten Smart Hospitals Deutschlands etabliert. Wir können gespannt sein, wie sich hier die spannenden Forschungen zur Künstlichen Intelligenz weiterentwickeln!